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Oasenzeit

Kleines Senfkorn Hoffnung


Heute widmen wir uns den ganz kleinen Dingen. Die man leicht übersieht, die aber so große Wirkung haben, dass man nur staunen kann. 
Wir sprechen über Samen. Die jetzt im kommenden Frühjahr eine große Rolle spielen, wenn es um die Vermehrung von Pflanzen geht. Alle einheimischen Gemüsesorten, die wir im Sommer genießen, werden jetzt ausgesät. Viele einjährigen Blumen wachsen jetzt in den Gärtnereien heran - unzählige Samen, in Saatschalen vorgezogen, unter künstlichem Licht zum Keimen gebracht. Später pikiert und umgetopft, bis sie im Mai in die Erde oder in Kübel ins Freiland dürfen. Eine unglaublich anstrengende Arbeit, die Gärtnerinnen und Landwirtinnen da Jahr für Jahr leisten. 

Dann sind da noch die unzähligen Samen, die ohne unser Zutun im Herbst reif geworden und in die Erde gefallen sind. Dort günstige Bedingungen vorgefunden haben und nun bereits keimen und für frisches Grün im Wald, auf Wiesen und in den Gärten sorgen. Dort werden die Keimlinge nicht immer geliebt, sie entsprechen nicht dem Ordnungssinn vieler Menschen. Der Natur, den Insekten und Vögeln, unserer Artenvielfalt würde es aber guttun, wenn wir auch diesem zufälligen Wachstum mehr Raum lassen würden. Der Zufall schafft oft die allerschönsten Bilder. Sogenanntes Unkraut kann zauberhaft aussehen und sehr nützlich sein.

In dem Gleichnis vom Senfkorn hat Jesus wieder ein Bild geschaffen, dass im Bereich Natur und Landwirtschaft angesiedelt ist. Es handelt sich bei Gleichnissen um irdische Geschichten mit einer geistlichen Bedeutung. Jesus spricht bei seinen Zuhörern eine Welt an, in der sie sich auskennen. Das Leben eines Menschen zur Zeit der Bibel ist bestimmt vom Rhythmus aus Saat und Ernte und der Sorge um das tägliche Brot. Jesus weckt das Interesse seiner Zuhörer, indem er ihren Erfahrungsbereich anspricht. Jeder weiß um die Beschaffenheit der Samenkörner, die in die Erde eingebracht werden.
Das Senfkorn von Brassica nigra, dem schwarzen Senf, um den es hier vermutlich geht, ist gar nicht so klein. Mohn- oder Löwenmäulchensamen zum Beispiel sind viel kleiner. Der Textzusammenhang aber macht klar, dass es sich ausschließlich um Saatgut handelt, das gezielt gesät wird auf Äcker oder in Gärten im Gebiet in und um Israel. Wovon der Bauer Samen zurückbehalten hat, um für die nächste Ernte vorzusorgen. Im Vergleich zu Einkorn, Emmer, Dinkel und Gerste, den Ur-Getreidesorten aus dem Zweistromland ist das Senfkorn mit seinem Durchmesser von etwa 0,95-1,6 mm und dem Gewicht von etwa 1 mg wirklich winzig. Im Gegensatz zu der Kleinheit des Samens steht der hohe Wuchs der im Orient verbreiteten Senfstaude, die mit 1,5 bis 3 m Höhe dort die größte Gartenpflanze war und im Gleichnis sogar zu einem Baum wird.

Die einjährige Pflanze gehört zur umfangreichen Gattung der Kreuzblütler, wie auch Kohl, Rettich, Meerettich, Rauke, Raps und Gartenkresse. Sie hat einen starken Hauptstängel, der sich nach oben hin verzweigt und gelbe Blüten trägt. Im Leben der Menschen dient sie seit jeher verschiedenen Zwecken: Die Körner in der Medizin, aber auch beim Einlegen von Gemüse, als Gewürz und zur Herstellung von Senfsamenöl. Die Blätter der Staude wurden auch als Gemüse verzehrt. Im Bibelgarten ist es uns leider bisher nicht gelungen, solch stattliche Exemplare großzuziehen.

Vom kleinen Samenkorn bis zur ausgewachsenen Pflanze - so vieles kann auf dem Weg dahin schief gehen: Zuviel Regen, zu große Trockenheit. Der Boden ausgelaugt, die Gärtnerin mit anderen Dingen beschäftigt. Neben Geduld und beständiger Fürsorge braucht es Glück und ja, Gottes Segen und dann können wir hoffen, dass etwas Gutes draus wird.


31 Ein anderes Gleichnis legte er ihnen vor und sprach: Das Himmelreich gleicht einem Senfkorn, das ein Mensch nahm und auf seinen Acker säte; das ist das kleinste unter allen Samenkörnern; wenn es aber gewachsen ist, so ist es größer als alle Kräuter und wird ein Baum, dass die Vögel unter dem Himmel kommen und wohnen in seinen Zweigen.

Matthäus 13, 31-32


Text von Andrea Müller-Bischoff 

 

 

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