Von einer Wildnis zum Garten
Von der Idee ...
Noch vor rund zehn Jahren war der Hügel hinter der evangelischen Kirche in Leutershausen nichts anderes als ein verwildertes Stück Land. Ein paar wildwachsende Rosen am Rande von Erdaushub, Überbleibsel des einstigen Pfarrgartens hinter dem Friedhof - ansonsten nichts als Erde und Stein. Dass sich heute dort mit dem Bibelgarten ein wahres Kleinod befindet, ist Andrea Müller-Bischoff zu verdanken, die damals die Initiative zu einem solchen Themengarten gab.
„Was für eine Verschwendung, aus diesem Gelände nichts zu machen“, dachte sich die leidenschaftliche Gärtnerin jedes Mal, wenn sie auf dem Weg zum Gottesdienst hier vorbeikam. Zudem fand sie, die Umgebung einer Kirche müsse ansehnlicher sein. Von Bibelgärten allerdings hatte sie bis dato auch noch nie gehört. Auf ihrer Internet-Recherche, wie sich Kirche und Garten verbinden lassen, stieß sie dann auf solche thematischen Gärten in Israel und den USA.
Die damalige Pfarrerin Sigrid Zweygart-Perez und der Kirchengemeinderat waren von einem solchen "Bibelgarten" ebenfalls sehr angetan – einzige Bedingung: „Es darf nichts kosten“. Los ging die Suche nach Sponsoren, Spendern und ehrenamtlichen Mitstreitern. Schon bald fand sich ein kleines Team zusammen, darunter die beiden Profi-Gärtner Isabell und Dirk Leistikow. Erste Pläne wurden gemacht, wie das Ganze aussehen könnte, mit denen man sich dann auch bei verschiedenen Gelegenheiten der Öffentlichkeit präsentierte und um Spenden und Mithelfer warb. Und dann reihte sich eine schicksalhafte Begegnung an die andere.
Die Berliner Theologin und Gründerin des „Netzwerkes Bibelgärten“, Katrin Stückrath, wurde über einen Flyer auf das Leutershausener Projekt aufmerksam und bot ihre Mitarbeit an. Die Weinheimer Garten- und Landschaftsarchitektin Bettina Jaugstetter begeisterte sich ebenfalls für die Idee eines hiesigen Bibelgartens. Mit dem Architekten Ulrich Schulz fand sich ein Partner für die professionelle Bauleitung, der Gartenbaubetrieb Schmitt übernahm die Pflanzung der ebenfalls über Spenden finanzierten Stauden, Hecken und Gehölze und die Firma Schnell erbrachte die gesamte Bodenbearbeitung.
18 Tonnen Erde, Sand und Steinmulch wurden verarbeitet, um den Hügel im mediterranen Sinne zu gestalten. Mit ihrem Fachwissen, Materialspenden und unendlich viel Zeit- und Arbeitseinsatz trugen diese Menschen neben vielen Spendern und Unterstützern dazu bei, dass aus dem verwilderten Stück Land etwas Großartiges geworden ist.
... bis heute
Am 22. Juni 2008 wurde der Bibelgarten im Rahmen des 225-jährigen Bestehens der evangelischen Kirchengemeinde feierlich eröffnet. Zum Zeichen der Übergabe stiegen hunderte weiße Luftballons in den Himmel, versehen mit einer Info-Karte, um den neuen Bibelgarten über die Ortsgrenzen hinaus bekannt zu machen. Heute, zehn Jahre später, zieht der Garten Besucher selbst von weit her an, die die ruhevolle Atmosphäre und mediterrane Stimmung mit ihren immer wechselnden Pflanzenbildern genießen und sich von den Zusammenhängen mit den biblischen Texten inspirieren lassen.
Das von Katrin Stückrath erarbeitete theologische Konzept folgt einer Stelle aus dem Korinther-Brief: „Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.“ Von der Kirche aus aufsteigend führt ein gewundener Weg durch die drei Bereiche „Glaube“, „Liebe“ und „Hoffnung“ bis nach oben zum „Platz der Begegnung“, wo man unter dem schattenspendenden Dach des Maulbeerbaums einen atemberaubenden Blick über den Garten und die ganze Ebene hat.
Um die 200 mediterrane Pflanzen, die Erwähnung in der Bibel finden, wählte Landschaftsarchitektin Bettina Jaugstetter für die jeweiligen Bereiche aus. Ausladende Büsche kraftvoll leuchtender Zistrosen mit ihren verschwenderischen Blüten, die sich immer nur für kurze Zeit öffnen, bestimmen das Areal der „Blüten und Düfte“. In herrlichen Farben blühen auch die wilden „Blumen des Feldes“. Dürre und kargen Boden lieben dagegen die bizarren Disteln und Dornensträucher der Felssteppe. Ein Stückchen weiter wachsen uralte Getreidesorten wie Einkorn und Emmer. Zahlreiche Bitter- und Heilkräuter künden von jahrtausendealtem Wissen um die Heilkraft der Pflanzen. Früchte und Gewürze, immergrüne Sträucher und Heidegewächse aus der Macchia bieten auf jedem Schritt des Weges faszinierende Entdeckungen, betörende Düfte und feine Aromen.
Eine Besonderheit ist der Mariengarten an der Mauer unterhalb des Platzes der Begegnung. Dort finden sich Pflanzen, die im Volksglauben und als Symbolpflanzen in der Malerei an Maria gebunden sind – ein Ort der Nächstenliebe und Sehnsucht nach Verständnis und Begegnung.
Als meditative Inspiration begleiten Schilder mit ausgewählten Bibelzitaten den Weg durch den Garten. Auch sie wurden größtenteils über Patenschaften finanziert. Wundervolle Spenden waren auch ein steinerner Brunnen und eine Hütte für die Gartengeräte.
Wenngleich ein Garten auch niemals „fertig“ ist, ist der Leutershausener Bibelgarten inzwischen doch längst so etwas wie ein "Ort zwischen Himmel und Erde".
"Der Bibelgarten ist ein Ort für alle Menschen, ganz gleich welcher Konfession oder Glaubensrichtung. Auch für die, die mit Glauben gar nichts am Hut haben."