Oasenzeit
Die Rose - Königin der Liebe
Sich dem Thema Rose in der hier gebotenen Kürze zu widmen, ist ein unmögliches Ansinnen. Von den ersten Zeugnissen ihrer Existenz bis in die Weiten der Mystik, der Botanik und Geschichte, Symbolik und Bedeutung lassen sich Bücher füllen. Aber ich muss mich kurz fassen, also ließe ich es lieber ganz bleiben. Auf der anderen Seite ist es aber auch sehr spannend, was es zu erzählen gibt.
Herkunft und Geschichte
Ich habe zu Beginn das Gedicht des berühmtesten persischen Dichters Hafis rezitiert. Er lebte von 1315-1390 in Shiraz im heutigen Iran. Nach ihm wird Shiraz die Stadt der Rosen und der Nachtigallen genannt. Das Königreich Persien ist die Heimat der Duftrose, so wie sie heute in aller Welt kultiviert und gezüchtet wird.
Als ältestes Zeugnis für die Nutzung der Rose gilt eine Liste von Kriegsbeute aus dem 24.Jahrhundert v.Chr., die im heutigen Irak gefunden wurde. Neben Weinstöcken und Feigen sind darin auch Rosenpflanzen aufgeführt. Rosen wurde damals bereits kultiviert und den Göttern geweiht. In Mesopotamien war es die Göttin Ischtar, Göttin des Kampfes, der Liebe und des Planeten Venus und auch der Rosen. In Griechenland hieß sie Aphrodite und bei den Römern war es die Venus.
Von Sappho besungen im 6. Jahrhundert v. Chr. , von Homer beschrieben im 8.Jh.
Theophrast (341–271 v. Chr.) unterschied bereits zwei Gruppen: die einfach blühenden Wildrosen und die gefüllt blühenden Arten.
Rosen wurden in großem Stil angebaut, man hatte einen gewaltigen Bedarf. Am exzessivsten huldigten die Römer der Blume ihrer Liebesgöttin. Kaiser Nero (37–68 n. Chr.) soll einen wahren Rosenkult praktiziert haben. Er ließ Wasser und Ufer mit Rosen bestreuen, sobald er zu "Lustfahrten" aufbrach. Ellenhoch seien die Blütenblätter in allen Räumen der Paläste aufgeschüttet worden, wie etwa bei Banketten der ägyptischen Königin Kleopatra für ihren Geliebten Marc Anton in Alexandria.
Griechen und Römer pflegten auch den Brauch, die Toten mit Rosenkränzen zu bestatten und auch die Trauernden schmückten sich damit. Unsere keltischen und germanischen Vorfahren kannten nur die wilde Heckenrose, die Hagrose, aber auch sie war einer Göttin geweiht, Freya, der Göttin der Liebe und der Ehe.
In Märchen und Legenden lebte die Rose als Zauberpflanze weiter, die gegen jegliche Art von dämonischem Einfluss schützte.
Christentum und Umdeutung - Maria
Dem unglaublich verschwenderischen Umgang der Römer mit Rosen folgte eine Zeit, in der die Rose vor allem bei den frühen Christen als Sinnbild für Genusssucht und Laster und als heidnisches Symbol galt. Ohne Erfolg versuchte man, die Rose zu verbannen und somit wurde die den Göttinnen der Antike geweihte Pflanze ohne Bedenken auf Maria übertragen. Die rote Rose wurde zum Symbol der Märtyrer, vor allem von Christus, die weiße Rose zum Abbild der Reinheit Marias.
Im 9. Jh. pflegte der Benediktinerabt Walahfrid Strabo die Rosa gallica als Heilpflanze beim Kloster Reichenau und nahm sie mit anderen Pflanzen auf in sein botanisches Werk „Hortulus“ . Er beschließt es mit blumigen Worten und stellt die Verbindung zu Maria her: „Mutter und Jungfrau du, Mutter mit fruchtbarem Reise, Jungfrau mit reinem Glauben, Braut nach des Bräutigams Namen, Braut du, Taube und Hort, Königin, treue Gefährtin, pflücke Rosen im Streit, brich Lilien im glücklichen Frieden“.
In späteren Texten wurde Maria nicht nur mit der Rose verglichen, sondern verkörpert sie selbst. „O du schöne Rose im Dorn“ schrieb Mechthild von Magdeburg in einer mystischen Dichtung. Oder es heißt „Sei gegrüßet, du mystische Rose, daraus uns Christus entströmt“ in einem der ältesten Marienhymnus des Ostens.
Kunst
Die im Mittelalter weit verbreiteten Texte hatten großen Einfluss auf die bildenden Künstler. Die dargestellte Symbolik, die den Menschen an Kathedralen, Gnadenbildern und Bildstöcken begegnete, war keine geheime Sprache der Künstler, sie wurde von den Gläubigen verstanden.
Ein bedeutendes Beispiel ist der Isenheimer Altar von Matthias Grünewald. Das wunderbare Bild ist voller Symbole. Maria sitzt mit dem göttlichen Kind zwischen einem Feigenbaum und einem Rosenbusch mit tiefroten Blüten. Brigitta von Schweden, deren Texte großen Einfluss auf Grünewald hatten, stellt den Zusammenhang her: „Darum kann füglich die Jungfrau eine blühende Rose genannt werden. Wie diese unter Dornen sich entfaltet, so die ehrwürdige Jungfrau unter Trübsalen“.
Liebe
Maria im Rosenhag, der Rosenkranz, „Maria durch ein Dornwald ging“ sind Stichworte, die ahnen lassen, dass die Rose ein bedeutendes Sinnbild für die reine Liebe Marias und damit ein religiöses Liebessymbol wurde. Aber auch für die sinnliche Liebe stand sie schon immer, dafür haben die Liebesgöttinnen gesorgt, die rote Farbe und der betörende Duft. Rot wurde zu allen Zeiten und in allen Kulturen mit Liebe und Fruchtbarkeit verbunden. Rot symbolisiert die Wärme des Feuers, des pulsierenden Blutes und des wild pochenden Herzens.
Der Duft soll besonders auf das Herzchakra eine heilende Wirkung haben. Rosenöl wird in der Aromatherapie bei schwierigen psychischen Zuständen, Kummer und Trauer nach Verlust und in der Sterbebegleitung eingesetzt.
Heilpflanze:
Die Aromatherapie ist relativ jung, die Rose als Heilpflanze schätzte schon der mittelalterliche Mensch, nicht nur in den Klöstern. Im Jahr 794 verfasste Karl der Große eine Landgüterverordnung über den Anbau von Obst-, Gemüse-, Heil- und Zierpflanzen. Alle Höfe des Kaisers waren verpflichtet, bestimmte Heilpflanzen anzubauen. Zu den wichtigsten gehörte die sogenannte Apothekerrose (Rosa gallica ‘Officinalis’): Von ihren Blütenblättern über die Hagebutten und Hagebuttensamen bis hin zur Rosenwurzelrinde sollten die verschiedenen Bestandteile gegen Entzündungen an Mund, Augen und Ohren helfen, sowie das Herz stärken, die Verdauung fördern und Kopf-, Zahn- und Magenschmerzen lindern.
In unserer Zeit werden Rosen vor allem wegen ihrer Schönheit gepflanzt. Unzählige Varianten in Farbe und Form entstanden ab dem 19.Jh. durch Einkreuzungen der China-Rosen und neuer Möglichkeiten der Züchtung. Über 200 Arten und bis zu 30.000 Sorten zählt man heute.
Im Bibelgarten erfreuen uns vorwiegend alte, einmal blühende Rosen. Die Damaszener-Rosen „Isaphan“ und „Rose de Resht“ mit den gefüllten, wunderbar duftenden Blüten werden im Iran zu Rosenöl verarbeitet.
Ich habe Rosenzucker daraus gemacht und Plätzchen damit gebacken, die dürfen Sie später naschen.
Text von Andrea Müller-Bischoff