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Oasenzeit

Heilkraft und Vergänglichkeit - die Kaper

"Ja, was soll denn das?", könnte man denken. Die Kaper, in der Bibel und vielleicht sogar im Bibelgarten?

Aber, in der Tat - wir beschäftigen uns heute mit etwas, das die meisten Deutschen nur in Form von Gläschen aus dem Supermarkt kennen. Oder wussten Sie, woher diese kleine saure Zutat kommt, die für Königsberger Klopse, Vitello tonnato, Remoulade und Fischgerichte genutzt wird?

Es handelt sich bei Kapern um die Blütenknospen des Kapernstrauchs, der in mediterranen Regionen wächst. Im Mittelmeerraum gibt es etwa 10 Arten Kapernsträucher, die essbare Knospen liefern. Die bekannteste Kapernart ist der Echte bzw. Dornige Kapernstrauch, Capparis spinosa, der sowohl als Wild- als auch als Kulturpflanze anzutreffen ist. Hier im Bibelgarten will er so gar nicht gedeihen, er übersteht die nassen und kalten Winter nicht. Am besten wächst er dort, wo der Boden unfruchtbar und karg ist, deshalb werden Kapernsträucher noch heute als magische Pflanzen angesehen. Auch auf Felsen machen sie sich gerne breit, auf dem Gemäuer von Ruinen oder auf Kulturdenkmälern. In Italien sagt man, dass der Kapernstrauch sich ausschliesslich von Wind und Sonne ernährt. Das gelingt ihm, weil seine dickfleischigen Blätter Wasser speichern können.

Die besten Kapern sollen aus Sizilien kommen, von der kleinen Insel Salina. Je kleiner die Kapern, desto kräftiger ist ihr Geschmack. Die kleinsten werden französisch „Nonpareilles“ genannt. Die Knospen müssen noch vor der Blüte geerntet werden, ansonsten erblühen daraus wundersame, zarte Blumen. Die Blüten öffnen sich am späten Nachmittag, werden von Nachtschmetterlingen bestäubt und sind am nächsten Morgen bereits verwelkt. Wegen ihrer kurzen Blütezeit gelten sie als Symbol für Vergänglichkeit. Und damit sind wir schon ganz nah dran an unserem heutigen Bibeltext und dieser Jahreszeit.

Der Kapernstrauch blüht immer wieder nach. Deshalb erstreckt sich die Erntezeit über mehrere Wochen. Bevor die gepflückten Blütenknospen eingelegt werden können, müssen sie einige Tage an der Luft trocknen. Nach Größe und Qualität sortiert werden die Knospen dann für einige Wochen in Salzlake eingelegt und anschließend gründlich ausgewaschen. Damit werden die Bitterstoffe entfernt und die Kapern sind genießbar. Im letzten Schritt übergießet man die Kapern mit Essig und füllt sie in sterilisierte Gläser. Als Nonpareilles, die kleinsten und besten, Surfines, Capucines oder Capperoni kommen sie dann in den Handel.

Aus den nicht geernteten Blüten entwickeln sich die Kapernäpfel, die Früchte, die ebenfalls eingelegt werden können und ein wichtiger Bestandteil italienischer Antipasti-Teller sind. Ansonsten reifen Samen heran, die von Vögeln verbreitet werden.

Was auch mir bisher nicht bekannt war, ist, dass die Kaper ausgesprochen gesund ist.

Archäologische Funde – z. B. im heutigen Jordanien – haben gezeigt, dass Kapern schon vor Tausenden von Jahren zum Würzen von Speisen und als Heilmittel verwendet wurden. Sowohl das berühmte sumerische Gilgamesch-Epos als auch ägyptische Papyri beinhalten Hinweise darauf. Die alten Ägypter, Griechen, Römer und Araber haben neben den Kapern praktisch alle Bestandteile des Kapernstrauchs – also die Samen, Wurzeln, Rinde, Blätter, Blüten und Früchte – in der Heilkunde angewandt, um z. B. Arthritis, Hämorrhoiden, Leber- und Milzerkrankungen zu behandeln. Auch als Aphrodisiakum kam die Kaper in der Antike zum Einsatz. In Süditalien wird heute noch gerne bei Rheuma ein Tee aus der Rinde des Kapernstrauches eingesetzt. Ausserdem ist es üblich, die Rinde zu kauen, um Zahnschmerzen zu lindern. Mit den Wurzeln des Kapernstrauches wird ein Öl angesetzt, das bei Infektionen im Mundraum hilfreich sein soll. Aus den frischen Knospen wird eine Salbe hergestellt, die bei allergischer Dermatitis und Couperose angewandt wird. In Nordafrika nutzen die Berber die frischen Knospen als Jungbrunnen für die Haut. Sie werden mit Honig zu einer Paste verarbeitet, welche gegen Falten und trockene Haut wirken soll.

Was die Kaper besonders wertvoll macht, ist vor allem das Quercetin. Quercetin ist ein natürlicher Farbstoff aus der Gruppe der Polyphenole und Flavonoide, der eine starke antioxidante Wirkung aufweist. Es gibt kein anderes Lebensmittel, das davon mehr enthält als die Kaper. Während in 50 Gramm Zwiebeln etwa 16 Milligramm Quercetin stecken, sind es bei der Kaper fast 100 Milligramm. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass Quercetin bei Allergien, Arteriosklerose, Augenkrankheiten und Krebs vorbeugend hilft und den Cholesterinspiegel senken kann. Aber auch andere Inhaltsstoffe sind reichlich vorhanden. Sie wirken sich gut aus auf den Darm und gegen Entzündungen und Krampfadern. Die ebenfalls enthaltenen Senföle helfen gegen verschiedenste Pilze, Bakterien und Viren, haben universitäre Studien ergeben. Sogar eine antibiotische Wirkung konnte nachgewiesen werden. Insbesondere für Allergiker kann die Kaper hilfreich sein. Mithilfe eines Extraktes können die Symptome bei Heuschnupfen und Lebensmittelallergien deutlich reduziert werden, ebenfalls senken sie den Blutzuckerspiegel. Und so weiter.

Es ist doch immer wieder frappierend, was die Natur zu bieten hat.

Unseren biblischen Vorfahren scheinen die appetitanregenden und gesundheitsfördernden Effekte der Kaper bekannt gewesen zu sein. Sonst wäre sie nicht in der Bibel genau in diesem Text erwähnt worden, der heute im Mittelpunkt der Oasenzeit steht.
 

Text von Andrea Müller-Bischoff

Zu dieser Oasenzeit gibt es auch eine » Ansprache von Pfarrerin Dr. Tanja Schmidt.

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