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Oasenzeit

Die Botschaft des Weins


Welche Pflanze ist die meisterwähnte in der Bibel? So fragen wir gerne zu Beginn einer Führung im Bibelgarten.
Ja, es ist der Weinstock! Mit seinen Reben und Beeren liefert er nicht nur das Material für ein köstliches Getränk in vielen Varianten, er ist eben auch biblisch von großer Bedeutung. Der Begriff Weinberg kommt 90 mal, Rebe 60 mal und Weinpresse 15 mal vor.  Laut einem Bibelforscher wird auf 979 Stellen direkt oder indirekt auf Wein Bezug genommen.

Und da in diesen Tagen die Weinlese bei uns in vollem Gange ist, haben wir uns dieses Thema für die erste „Oase“ vorgenommen.

In fast allen Büchern der Bibel haben wir es damit zu tun, verwendet in Gleichnissen, Zitaten und Aphorismen. Bei Jesaja z.B. ist der Weinstock ein Sinnbild für das Volk Israel, für das Gott ebenso Sorge trägt wie der Mensch für seinen Weinberg. Auch als Symbol des Friedens und des Wohlstands wird der Weinstock benannt.
Die friedlichen Tage unter König Salomon werden so beschrieben: „Ein jeder saß unter seinem Weinstock und unter seinem Feigenbaum“.  „Aus Lanzen Winzermesser schmieden“ - dieses Bild benutzt Jesaja für seine Friedensvision.

Der Weinanbau reicht weit in die Vergangenheit zurück. Keramikfunde aus Georgien von etwa 6000 v.Chr. repräsentieren momentan die ältesten bekannten Zeugnisse der Weinherstellung. Künstlerische Darstellungen wie z.B. Tempelreliefs in Ur, der alten Stadt am Euphrat im heutigen Irak, aus der Zeit um 4000 v.Chr. oder Wandmalereien in Ägypten um 3.500 v. Chr. belegen die Weinkultur.

Archäologen haben im Heiligen Land Hunderte von Traubenpressen gefunden, die im Freien eingerichtet waren. Die allerersten Pressen waren aber die menschlichen Füße, deren sanfter Druck das Aufbrechen der Kerne vermied. In römischer Zeit wurde Wein aus Zypern und Rhodos importiert, das Klima dort sorgte für bessere Qualität.

Wie keine andere Pflanze hat der Wein seit jeher kultische Bedeutung. Er wird bereits in der Antike mit Blut gleichgesetzt und diente als Trankopfer auf dem Altar des Tempels. Der biblische Wein war vor allem Rotwein in vielen Sorten und Farbabstufungen. Erst durch vermehrte Handelsbeziehungen kamen neue Traubensorten ins Land und damit der Weißwein. Der Talmud führt etwa 60 verschiedene Weinsorten auf, der naturkundige Römer Plinius weitet diese Liste im 1.Jh.nach Chr. auf 60 Sorten aus.

Die Kundschafter, die Mose in das Land Kanaan schickte, trafen im „Traubental“ offenbar auf einen bereits hoch entwickelten Weinanbau. „Dort schnitten sie eine Rebe mit einer Weintraube ab und trugen sie zu zweit auf einer Stange, dazu auch einige Granatäpfel und Feigen“. Ein Bibelwort aus dem 4. Buch Mose, das auch hier im Bibelgarten zu finden ist. Ebenso wie „Und Noah, der Ackerbauer war der erste, der einen Weinberg pflanzte“. Dass er sich dann gleich am köstlichen Rebensaft berauschte, führte zu großem Ärger, aber langfristig auch zu guter Gesundheit, denn er erreichte das gesegnete Alter von 950 Jahren.

Auch in Griechenland breitete sich die Weinkultur rasch aus. In der Römerzeit gelangte der Weinbau dann bekanntlich nach Frankreich, England und Deutschland, wo schon um 800 Karl der Große Musterbetriebe anlegen ließ und das älteste europäische Weingesetz verordnete. Laut dessen durften nun nicht mehr die menschlichen Füße zur Pressung benutzt werden.

Wein wurde schon immer auch medizinisch vielfältig eingesetzt. Der Evangelist Lukas beschreibt die Behandlung eines Überfallenen: „Er ging zu ihm hin, goß Öl und Wein auf seine Wunden und verband sie.“
Weingenuss gilt als Bild der Lebensfreude, Gott selbst gibt „den Wein, der das Herz des Menschen erfreut“.  (Auch Bier war übrigens seinerzeit schon ein weit verbreitetes Getränk, hatte aber nicht denselben Stellenwert. Martin Luther brachte es auf den Punkt: „Bier ist Menschenwerk. Wein aber kommt von Gott“ )

Vor übermäßigem Weingenuss wird allerdings auch in einigen Bibelstellen gewarnt. „Berauscht euch nicht mit Wein - das macht zügellos“. Die Weinstöcke hier im Bibelgarten sind in dieser Hinsicht ganz unverdächtig - es handelt sich um Tafeltrauben in verschiedenen Sorten.


Text von Andrea Müller-Bischoff
 

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