Oasenzeit
Das tägliche Brot
Damit uns heutzutage das tägliche Brot zur Verfügung steht, gehen wir in eine Bäckerei oder in den Supermarkt und wählen für wenig Geld zwischen zahllosen Sorten. Ich habe fertiges Mehl gekauft mit Hefe, Honig, Salz, Wasser und Olivenöl einen Teig gemischt, die Küchenmaschine hat 10 Minuten geknetet, nach einer Stunde Gehzeit wurden die kleinen Brötchen abgestochen und im elektrischen Backofen bei 200 ° in 20 Minuten gebacken. Nachher dürfen Sie das Ergebnis probieren. So einfach geht das heute.
Nicht zu vergleichen mit dem Einsatz, der in biblischen Zeiten dafür nötig war.
Damit ausreichend Brot vorhanden war, musste die Hausfrau schon vor Sonnenaufgang aufstehen. Allein das Mahlen des Getreides in einem Mahlstein dauerte für eine 5-köpfige Familie etwa 3 Stunden. Feuermaterial sammeln, Wasser holen, den gesäuerten Teig gehen lassen. Das Backen der dünnen Fladenbrote auf Stein oder an den Wänden von Lehmöfen ging recht schnell, aber insgesamt war die Bereitstellung des täglichen Brotes eine aufwändige Angelegenheit.
Brot war das Grundnahrungsmittel aller biblischen Zeiten. Weil es von so großer Bedeutung war, ist in beiden Testamenten an zahlreichen Stellen vom Säen, Keimen, Wachsen, Ernten und Verarbeiten von Getreide die Rede, an einer Stelle wird sogar ein Brotrezept beschrieben.
Es war so sehr Grundnahrungsmittel, dass es im Sprachgebrauch an die Stelle der Nahrung überhaupt trat, wie z. B. in der Vaterunserbitte: „Unser tägliches Brot gib uns heute“. Deshalb gehörte es auch zum täglichen Opfer und wurde Gott angeboten in den Schaubroten. Später wurde die Tora (Die fünf Bücher Mose) oft mit „Brot“ bezeichnet, was mitschwingt, wenn Jesus von sich als das „Brot des Lebens“ spricht. Die drei großen jüdischen Feste sind in Bezug zu landwirtschaftlichen Ereignissen entstanden: Pessach im Frühling, wenn die Gerste zu reifen beginnt, das Erntefest Schawuot zur Zeit der Weizenernte am Sommeranfang, und das Laubhüttenfest Sukkot im Herbst, wenn sich der zeitliche Kreis von Saat und Ernte schließt.
Die Domestizierung der beiden wichtigsten Getreidearten der Alten Welt - Weizen und Gerste - begann vor etwa 10.000 Jahren in der als „Fruchtbarer Halbmond“ bezeichneten Region des Vorderen Orients. Zunächst entstanden aus den wilden Gräsern ertragsschwache Sorten, wie der Einkorn-Weizen (Triticum monococcum). Die wichtigste Veränderung infolge der Kultur war, dass die reifen Ähren nicht mehr auseinander brachen. Daneben zählte der „Emmer“ (Triticum turgidum ssp. dicoccum) zu den wichtigsten Anbauprodukten der frühen Ackerbaukulturen. Er war die „Mutter des Weizens“, die Grundlage für die Züchtung des Hartweizen, dessen Samen sich bei der Reife leicht von den Spelzen lösen. Durch die Kreuzung mit einem Wildgras aus den Steppen Westasiens (Aegilops squarrosa) entstand aus dieser Gruppe vor etwa 7000 Jahren in der Region des Kaspischen Meeres der hexaploide Saatweizen (Triticum aestivum), der heute weltweit das wichtigste Getreide darstellt.
Auch Gerste (Hordeum vulgare) spielte eine wichtige Rolle. Sie gedeiht auf trockenen und nährstoffarmen Böden und galt als das Getreide der Armen. Für Brot war sie eher nicht geeignet, da sie kein Gluten enthält, die Proteinbasis, die den Teig beim Backen aufgehen lässt. Aber man aß das Getreide nicht nur als Brot, sondern die Körner wurden über offenem Feuer kurz geröstet und ließen sich so auch gut aufbewahren. Da Gerste billiger war als Weizen, wurde sie in guten Zeiten als Tiernahrung verwendet.
Und welcher Bauer war wohl der erste, der entdeckte, dass auch mit feuchtem Getreide etwas anzufangen sei? Mit ein wenig Hefe entstand durch Fermentation Bier. Sowohl auf ägyptischen Tonmodellen wie in mesopotamischen Texten wird dieser Vorgang oft erwähnt. Hirse (Panicum miliaceum) bzw. Sorghum wird in der Bibel nur einmal erwähnt. Der Anbau in Mesopotamien ist seit etwa 3000 v.Chr. bekannt. Hirse und Sorghum sind Sommergetreide und gedeihen auch bei Trockenheit und auf ärmsten Böden. Auf unserem Getreidebeet im Bibelgarten stehen noch einige Exemplare.
In Mitteleuropa gab es Hirse zur Zeit der Römer und gehörte zu den Grundnahrungsmitteln. Als Hirsebrei, wie von den Gebrüdern Grimm im „Märchen vom süßen Brei“ beschrieben. Später wurde die Hirse vom Weizen verdrängt. Ab dem 11. Jh. kommt das Weißbrot in Mode und damit setzt sich der Weizenanbau durch.
Text von Andrea Müller-Bischoff