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Oasenzeit

Die sieben Arten (Bibelgarten-Tagung 2024)


Denn der HERR, dein Gott, führt dich in ein gutes Land, ein Land, darin Bäche und Quellen sind und Wasser in der Tiefe, die aus den Bergen und in den Auen fließen, ein Land, darin Weizen, Gerste, Weinstöcke, Feigenbäume und Granatäpfel wachsen, ein Land, darin es Ölbäume und Honig gibt, ein Land, wo du Brot genug zu essen hast, wo dir nichts mangelt, ein Land, in dessen Steinen Eisen ist, wo du Kupfererz aus den Bergen haust. Und wenn du gegessen hast und satt bist, sollst du den HERRN, deinen Gott, loben für das gute Land, das er dir gegeben hat. 

5. Mose 8, 7-10


Das Geheimnis der 7 Arten - nun ist es gelüftet! Bibelgärtner*innen - und die sind heute in der Überzahl - war natürlich längst klar, was es damit auf sich hat. Denn dieser Begriff ist gleichsam ein Geheimcode für den grünen Bibelgartendaumen. In der Bibel wird man ihn vergeblich suchen, aber im Kopf der langjährigen Bibelgärtnerin löst er ein Bild aus, nämlich das soeben beschriebene aus dem 5.Buch Mose. Ein Bild von einem Idyll, einem Ort der Sehnsucht für Wüstenwanderer wie Mose und die Israeliten. 
Als Ort kommt die Landschaft des “Fruchtbaren Halbmondes”, des historischen Palästina infrage, die Region zwischen Mittelmeerküste, dem Jordantal und dem Toten Meer. Sie erstreckt sich bogenförmig bis nach Mesopotamien und ist eine der ältesten Siedlungsbereiche der Menschheit. Und an diesem Sehnsuchtsort gibt es die besten Voraussetzungen für die 7 Arten.

Welche Pflanzen waren es nochmal? 
Weizen, Gerste, Weinstock, Feigenbaum, Granatäpfel, Ölbäume, Honig.

Ganz unbescheiden kann ich sagen: Wir haben all das zu bieten!
Deshalb haben wir die 7 Arten als Motto für die 9. Bibelgarten-Tagung ausgewählt.

Wo ist denn der Honig - fragt man sich vielleicht? Auch der wird hier produziert, die Bienenstöcke stehen auf der Pfarrwiese hinter der Hecke. Honig ist eines der ältesten Lebensmittel der Menschheit und wurde schon vor mindestens 8000 Jahren von wild lebenden Honigbienen gewonnen. Der Fund antiker Bienenstöcke bestätigt die imkerliche Haltung von Honigbienen im israelitischen Königreich um etwa 1000 v.Chr. Aber weil Honig ja keine Pflanzenart ist, entwickelte sich eine andere Lesart. Es gibt eine Pflanze, aus deren Frucht man einen süßen Sirup herstellen kann, nämlich die Dattelpalme. Datteln sind wegen ihrer Haltbarkeit und der Inhaltsstoffe ein nahrhafter Proviant für Reisende und Nomaden. Da Dattelpalmen tropisches Klima brauchen, haben wir hier als Ersatz die Hanfpalme.

Unseren Ölbaum kann man an seinen silbrigen Blättern gut erkennen. Den hohen Wert der Früchte, der Oliven kennt man seit etwa 6000 Jahren: Sie spenden ein vorzügliches Öl, das sowohl zum Kochen, als auch bei religiösen Ritualen, als Schönheitsmittel und für Öllampen genutzt wurde. 

Auch Granatäpfel gibt es hier an der Bergstraße. Unserer steht gerade in Blüte, Früchte wünschen wir uns sehr. Sind sie doch ein Sinnbild für Fruchtbarkeit, das ewige Leben und Schönheit.  “Die Wangen der Braut schimmern rötlich wie eine Scheibe vom Granatapfel” heißt es im Hohelied Salomos.

Der Feigenbaum ist berühmt als erst erwähnte Pflanze der Bibel, seine Blätter bieten das erste Kleidungsstück der biblischen Menschheitsgeschichte. Die Früchte sind verführerisch, nicht nur für Adam und Eva und getrocknet wegen der gesunden Inhaltsstoffe ähnlich wertvoll wie die Datteln. Der Feigenbaum war neben dem Ölbaum und dem Weinstock der wichtigste Fruchtgeber und als Schattenspender beliebt. 

Wie der Feigenbaum wurde auch der Weinstock von den Römern hierher an die Bergstraße gebracht und ist nun allgegenwärtig. Weinanbau hat aber eine viel längere Kulturgeschichte aufzuweisen. Schon 5000 Jahre v.Chr. lässt sich im heutigen Georgien und Südirak der Anbau von Weinreben nachweisen. Vitis vinifera ist die Pflanze, die mit dem Ölbaum am häufigsten in der Bibel erwähnt wird, was von der Allgegenwärtigkeit des Weins in biblischen Zeiten zeugt. 

Nicht wegzudenken aus den Speiseplänen damals wie heute ist das Getreide. Wegen der großen Bedeutung auch im alten Palästina stehen Weizen und Gerste an allererster Stelle der Aufzählung unseres Bibeltextes. Die Domestizierung der beiden wichtigsten Getreidearten begann vor etwa 10.000 Jahren. Weizen galt als das vornehmste Getreide. Gerste, das Getreide der Armen wurde zu Brot verarbeitet und diente als Tierfutter. In unserem Getreidebeet wachsen Einkorn, Emmer und Dinkel, dazu Hirse. Aber mit der Gerste hat es leider nicht geklappt in diesem Jahr.  Der Dauerregen im letzten Monat hat Samen im Erdreich ersticken lassen, während Schnecken sich eifrig bedienten an jedem keimenden Kräutlein. Ja, wir leben zwar in einer fruchtbaren und reichen Gegend der Erde, aber eben nicht im Paradies.

Text von Andrea Müller-Bischoff 


 

Ihr Lieben, unser Bibeltext nimmt uns mit hinein in die Geschichte vom Auszug der Hebräer aus Ägypten. 40 Jahre, so heißt es, sind die Hebräer durch die Wüste gezogen. Nun stehen sie am Jordan, an der Grenze zum gelobten Land, das Gott ihnen verheißen hat. Das ist ein ganz besonderer Moment, eine Schwellensituation. Hier auf der Schwelle, erinnert Moses sie an den zurückgelegten Weg. An all die Beschwernisse in der Wüste und daran wie Gott sie geleitet hat. „Deine Kleider sind nicht zerrissen an dir und deine Füße sind nicht geschwollen, denn Gott hat dich auf deinem Weg geführt“, heißt es wenige Zeilen vorher. 

Und nun nach all den Jahren wird Gott sein Versprechen halten und die Hebräer in das gelobte Land führen, ein prächtiges Land, wo die sieben Arten wachsen. Diese stehen für ein Leben in Fülle. In diesem Land werden die Menschen eben nicht nur das Nötigste haben und gerade so satt werden. Auch das wäre ja schon viel nach den kargen Jahren. Sie werden das Leben in seiner Fülle genießen dürfen. Von Andrea haben wir es bereits gehört: Der Weinstock spendet den Wein, den Trank des Festes. Feigen und Honig geben dem Leben Süße. Weizen und Gerste Brot, das das Herz des Menschen stärkt.  Der Granatapfel verheißt die Freuden der Erotik und der Liebe. Auch daran wird es keinen Mangel haben. Und das Öl lässt das Angesicht des Menschen glänzen. Dabei geht es um mehr als um gute Hautpflege. Mit kostbarem Öl wurden im alten Israel Könige gesalbt. Im gelobten Land wird das Angesicht aller Menschen glänzen von gutem Öl. Das ist ein Ausdruck einer großer Würde, die Gott ihnen schenkt. Sie sind alle Königskinder Gottes. Ihr seid mein Volk und ich habe euch lieb, wird Gott nicht müde zu betonen.

Ja, es liegt Segen auf dem Land und Segen auf den Menschen, die dort leben werden. Dieser Segen kann aber auch verloren gehen. Er ist ein Geschenk Gottes, das auch verpflichtet. Daher sind die Verheißungen durchzogen mit der Mahnung, Gott nicht zu vergessen. Nicht zu vergessen, dass er es ist, der die Freiheit geschenkt hat. Und nicht zu vergessen, dass er Gebote und Richtlinien geschenkt hat, um diesen Segen zu bewahren. 

Das Gebot der Gastfreundschaft gegenüber Fremden gehört dazu, die Fürsorge gegenüber Witwen und Waisen, also Menschen in Not. Der Ruhetag, der Menschen und auch Tieren geschenkt ist, damit sie regenieren können. Und der einen Raum eröffnet, um Gott zu loben und sich an seine Worte zu erinnern. 

Denn, so heißt es wenige Zeilen vorher: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von dem, was aus dem Mund des Herrn hervor geht. Von seinem Wort, das Stärkung und Orientierung gibt. Orientierung für ein gutes Leben, in dem es nicht nur mir gut geht, sondern auch meinem Nächsten, ja sogar den Pflanzen und Tieren. 

Hier in unserem Bibelgarten nehmen wir Gott beim Wort. Wir versammeln uns monatlich, um Gott zu loben und um uns durch seine Worte stärken zu lassen. Wir freuen uns an seiner Schöpfung, wir bebauen und bewahren sie. Wir teilen Brot und Wein und üben Gastfreundschaft gegenüber allen, die kommen. Eine kleine Oase ist dieser Ort. Ein Kraftort, wo Leib und Seele gestärkt werden. Ein Vorschein des Paradieses. Möge Gott diesem Ort und den Menschen, die hier arbeiten und feiern, seinen Segen schenken. Amen

Dr.Tanja Schmidt

 

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